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6 Stunden im Regenwald und ein Treppchen

Zum zweiten mal ging es am 01.07. für mich an den Start des Bergischen6Stundenlaufs, immer rund um den Eschbachstausee bei Remscheid. Tolle Veranstaltung, klein und sympathisch und eine schöne Runde die da zu laufen ist.
Letztes Jahr konnte ich dort bei schönstem Sommerwetter die 60km knacken, dieses Jahr wollte ich dieses Ergebnis zumindest wieder erreichen oder sogar mit zusätzlichen 1-2km noch toppen.

Der VP wird grade aufgebaut, die Startnummer ist abgeholt, eine halbe Stunde noch, dann gehts los.

Nach den letzten heißen Wochen war für den Renntag Regen angesagt, der auch tatsächlich so richtig pünktlich zum Start begann. Und die gesamten sechs Stunden durchpladderte. Mal als Nieselregen, mal aus dem Eimer, eigentlich war alles dabei. Und wenn es mal weniger regnete, dann kam Wind auf, der die Blätte abgeschüttelt hat. Mit anderen Worten, das war ein Rennen im Regenwald, wir waren die gesamte Zeit über klatschnass.
Aber mit recht angenehmen Temperaturen um 18°C, frieren war also nicht angesagt. Meine leichte Regenjacke hab ich jedenfalls nach der ersten Runde am VP deponiert und nicht wieder angerührt.

Los gehts mit der Meute!

Es gab vorm Start ein kleines Briefing zum Ablauf und dass wieder die 3km Strecke vom Vorjahr gelaufen wird, einschließlich der kleinen fiesen Steigung vorm VP. Danach die Bitte zum Einsortieren nach eigener Einschätzung wieviel Kilometer so zu schaffen sind, ich bin mit den 60km Läufern zum Startpunkt getrottet und dann gings auch schon los, ab über den Parkplatz in den Wald, ab in den Regen.

Ich fühlte mich bereits vom Start an unheimlich fit, hatte wahnsinnig bock mit den Sandalen durch den regnerischen Wald zu rennen. Aber, und sowas hab ich tatsächlich noch nie gemacht, ich hatte eine Rennstrategie. Und wollte sie anwenden!
Der Plan: bis zur Halbmarathondistanz wollte ich es langsamer angehen, danach bis ca. km45 schneller und danach einfach nur was geht noch durchrennen bis zum Schluss.
Und genau so hab ich es tatsächlich gemacht. Und echt jetzt, nach den ersten 20km endlich die Handbremse zu lösen, das war eine Wohltat, das war richtig und sinvoll so, aber für mich neu und etwas mühsam nicht einfach vom Start an schneller zu rennen. Auf Brustgurt und anderem Schnickschnack hatte ich diesmal bewusst verzichtet, ich wollte möglichst minimal rennen, nur keine Ablenkung. Dadurch sieht die HF-Kurve allerdings etwas krude aus, die stimmt schlicht und einfach nicht, Messung am Handgelenk und so, klappt bei mir ja nicht so gut.

Der Stausee im Regen

So ging es dann Runde um Runde, erst bei km30 hab ich angefangen regelmäßig Salztabletten einzuwerfen, das Wetter sorgte zuverlässig dafür dass niemand überhitzte oder dehydriert. Ab km23 gönnte ich mir immer sehr kurze Trinkpausen am VP, erst ab km45 schnappte ich mir eine kleine Flask um unterwegs kleinere Schlückchen trinken zu können. Ich hab einmal einen kleinen leichten Müsliriegel verdrückt, einfach um was im Bauch zu haben (Frühstück hatte ich mir gespart) und sonst nichts. Kein Weingummi, kein Griff zum reichhaltigen Buffett. Eigentlich schade, es ist wirklich reichhaltig.

Es lief verdammt gut, so richtig gut, die ganze Zeit. Ich konnte einfach rennen, das Wetter störte mich nicht im geringsten. Irgendwie kam ich immer wieder in mein Tempo, ob nach kurzen Gesprächen oder nach dem VP. Und es gab einfach keinen Grund langsamer zu werden. Im Gegensatz zum letzten Jahr konnte ich diesmal problemlos locker durchlaufen, abgesehen von den kurzen Gehpausen am VP natürlich.
Bei der elften Runde (33km) fiel mein Blick auf den Bildschirm für die Rundenzählungen und ich konnte es nicht glauben, da war ich auf dem vierten Platz!
Beim Rundenlaufen überholt man ja ständig andere Läufer, ich bin allerdings überhaupt nicht auf die Idee gekommen so weit vorn zu sein.
Aber jetzt war der Ehrgeiz geweckt! Den Platz wollte ich behalten!! Es waren allerdings noch einige Kilometer zu laufen, also dranbleiben.

Den Marathonpunkt bin ich nach 3:47 durchgelaufen, alles locker und problemlos. Spätestens bei der 50km Marke rechnete ich damit dass es schwerer wird. Klar läuft man nach 50km nicht mehr wie zum Start, aber nach wie vor konnte ich die Pace einfach halten.
Also weiter so. Leute überholen, trinken, nicht nachdenken, rennen.
Endlich Kilometer 60, letzte Jahr war ich hier am Ende. Diesmal waren da noch einige Kilometer vor mir.
Immer wieder am VP ein kurzer Blick auf den Bildschirm, da stand mittlerweile Platz 3 für mich! Hammer!! Und auch diesen Platz wollte ich behalten. Weiterrennen!

Sicherheitshalber schnappte ich mir die Ballon-Plakette schon bei der 22sten Runde, war mir aber schon sehr sicher, dass ich die noch locker voll mache. War auch so. Danach noch einmal über die Matte rennen und zusammenkratzen was an Metern noch möglich ist, irgendwann kam der erlösende Zielschuss. Fertig.

Mit mir stoppten noch zwei andere Läufer, wir haben uns kurz abgefeiert und sind dann zurück gelatscht. Auf halben Weg wurden wir von meiner Frau und Otto empfangen, sie konnte genau so wenig wie ich glauben dass ich grade 68km gelaufen bin. Otto war das egal, der hat sich nur gefreut dass die Familie wieder zusammen ist und er ohne Leine im Wald rumrennen durfte.
Dass der Regen dann auch pünktlich endete … muss ja kaum erwähnt werden. War ja irgendwie klar sowas.

Die Restmeter wurde anschließend ausgezählt und da gab es wohl die unschöne Situation dass irgendwelche Passanten die Zielplakette einiger Läufer eingesammelt hatten, trotz ausgiebig ausgehängter Zettel mit genau dem Hinweis die Dinger doch bitte liegen zu lassen. Naja, meine war auch dabei und die vom Zweitplatzierten ebenso. Also wurde über den Daumen anhand des letzten VP-Durchlaufs vermutet wo wir gestoppt hatten. Das passte schon so, wir waren beide einverstanden und mehr als zufrieden mit unserem Ergebnis.

Nach der verdienten Dusche gab es später noch eine Siegerehrung, für die wir natürlich geblieben sind. Ich hab also das allererste mal ein Treppchenplatz erlaufen! Bei einem 6-Stundenlauf!
Ihr könnt euch eventuell vorstellen wie stolz und zufrieden ich bin 🙂

Und nächstes Jahr bin ich wieder dabei!

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Kommentar

14 Kommentare

  1. Hach !!! Auf dem ersten Foto mit Otto siehst du so brav aus, als könntest du kein
    Wässerchen trüben ! Aber ein “ geschultes „Auge würde auch erkennen, dass du fit und gut drauf bist, es nicht erwarten kannst, endlich zu starten !! Dazu das Wetter, für meine Begriffe ideal für ein solches Unternehmen, Temperatur stimmt, und Regen ist – immer aus meiner Sicht – auch nicht das Verkehrteste, wie du weißt, mag ich das !!

    Und es hat gewirkt: alles hat gestimmt, dein Ehrgeiz wurde geweckt, als du erfahren hattest, dass du der Vierte bist, auch das kann ich sehr gut nachvollziehen, habe ich Ähnliches auch erleben dürfen, es motiviert, und wenn man genügend Kräfte hat, so wie du, dann funktioniert es – perfekt !!

    Happy, zufrieden, gut gemacht – ich glaube, du hast auf diesen Tag gewartet, an dem alles rund lief. Gratuliere, anbei ein virtueller Strauß Blumen !! Herzlichen Glückwunsch zu deinem persönlichen Erfolg, das braucht der Läufer, um motiviert am Ball zu bleiben – YES !!

    Und jetzt gute Erholung, Otto wird sich freuen, wenn Herrchen mit ihm laaaaaaaaaaaaangsam unterwegs sein wird !!

    Stürmische Grüße von der Ostsee

    • Vielen Dank Margitta 🙂 Ich vermute tatsächlich dass das Wetter einen großen Anteil hatte, es bestand zu keiner Zeit die Gefahr zu überhitzen oder zu wenig zu trinken. Das war einfach ein tolles Rennen, ich werde da noch einige Zeit von zehren. Vor allem diese Platzierung, nie nie nie im Leben hätte ich damit gerechnet. Ja, das motiviert!
      Jetzt aber erstmal ein paar Tage Erholung, meine Beine sind wirklich etwas schwer. Mit Otto wird heute nur getrödelt 😉

  2. Lieber Oliver,

    hammerhart … und toll! HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH zum absolvierten Ultra, zu den 68,5 km, dem tollen Regenlauf, der super Strategie, deeem Tempo … und überhaupt und zuvorderst 😉 zum Treppchenplatz! Freut mich für dich! … da MUSS man doch bei der Siegerehrung bleiben! 😉

    Das motiviert bestimmt nochmal mehr dranzubleiben und noch viel mehr als nochmal 13 Jahre draufzupacken!

    Erhol dich gut und düs nicht gleich wieder zu schnell zu viel durch die Lande! 😆

    Liebe Grüße Manfred

    • Vielen Dank Manfred! Ich auf einem Treppchenplatz, damit hab ich nicht im entferntesten gerechnet und freue mich deshalb wie bolle darüber 🙂 Auch wenn es eigentlich hammerhart hätte sein müssen, es kam mir nicht sehr hart vor so zu laufen. Heute merke ich natürlich so einiges, aber im Vergleich zum letzten Jahr, gehts mir auch am Tag danach viel besser. Es war einfach so: ich hab ausnahmsweise mal alles richtig gemacht. Ein paar Tage Pause jetzt und dann schonmal sachte mental auf das nächste (kürzere) Ding einstellen 😉

  3. Lieber Oliver,
    wow, super, klasse, prima, erste Sahne, tiptop! Es hat sich wohl gelohnt, einmal eine Strategie anzuwenden. Wenn schon nicht im Training, dann aber beim Rennen. Und sie ist allerbestens aufgegangen. Das Wetter war ja dann auch sehr unterstützend, noch ein Pluspunkt zum Ambiente, dass so ganz nach deinem Geschmack ist/war.
    Ja, und wenn dann alles so stimmig ist, und das Ergebnis alles krönt, was will man mehr?!
    PS: Wo kann man das bestellen…?
    Gute Erholung und dann auf zu neuen Erlebnissen!
    Liebe Grüße
    Elke

    • Vielen Dank Elke, aber wo man das bestellen kann weiß ich leider nicht. Ein Stückchen Glück, etwas Strategie, eine Prise passendes Wetter und die richtige Strecke. Falls du jemanden mit so einem Angebot findest, dann schlag schnell zu 😀 Ich bin wirklich immer noch selbst überrascht wie gut es für mich lief, wie problemlos gegenüber dem Vorjahr. Und ich bin so richig happy und stolz auf das Ergebnis!
      Ein paar Tage Ruhe jetzt für die Beine und dann gehts weiter 🙂

  4. CONGRATULATIONS, lieber Oliver! Ich kann es kaum glauben, dass du zum ersten Mal auf dem Treppchen stehst, aber umso schöner!!
    Deine 3-er Block-Strategie finde ich super. Erst zurückhalten, dann Gas, dann sehen, was noch geht.

    Ich find’s echt lustig dass die Passanten übereifrig die Ziel-Plaketten einsammelten – das ist schon fast komödienreif. Gut, dass ihr euch alle einig wart!
    Der Läufer, der im Bild 2 mit gelber Kappe neben dir läuft – ist es der gleiche, der mit dir zum Start zurücktrottet (ganz links ist im Bild)?
    Jetzt wünsche ich dir eine ganz gute Erholung – bis zum nächsten Treppchen!!

    • Vielen Danke Catrina, ich kanns ja selbst kaum glauben 🙂 Ich denke mal längere Strecken werde ich jetzt öfter nach dieser Strategie laufen, hilft einfach Energie für später zu sparen. Hauptsache ich halte mich auch daran, alles Kopfsache 😉
      Ja, ich war auch eher amüsiert über die Sammelwut der Passanten, die meinten es ja nur gut, dachten irgendjemand hat die Dinger verloren. Naja, für mich zählen am ende die 22 Runden und über jeden zusätzlichen Meter freu ich mich einfach nur.
      Nee, das sind zwei verschiedene Läufer, aber wir waren schon ein eher übersichtliches Häuflein (174 Finisher), ganz in meinem Sinne, keine große Rummel-Veranstaltung.

  5. Wow, das liest sich so einfach, wenn man dabei auif der gemütlichen Couch sitzt! Ganz großes Kino – ich gratuliere dir zu dieser Wahnsinnsleistung, lieber Oliver! 😀
    Wie toll, dass deine Strategie aufgegangen ist und dir einen Treppchenplatz beschert hat. Auch wenn das am Ende durch überordentliche Passanten fast noch spannend wurde. 🙄 Wo gibts denn sowas? Sonst lässt doch auch jeder den und sogar seinen Müll überall herumliegen und da werden innerhalb kürzester Zeit die Ballons aufgehoben.
    Gute Erholung!

    • Vielen Dank Doris, ganz so gemütlich wie auf einer Couch war es nun nicht und etwas nasser war es dann auch 😉 Und auch heute frage ich mich noch wo diese Power plötzlich herkam, es war einfach ein völlig gelungener Lauf, ohne irgendwelche Probleme. Ich freue mich einfach darüber 🙂
      Tja, das war schon lustig mit der Einsammelei der Plaketten, trotz vieler vieler ausgehängter Zettel, schon Tage vorher. Aber das passiert wohl jedes Jahr, vielleicht sollte die Restmetervermessung irgendwie anders gemacht werden. Der Veranstalter ist da sehr kreativ.

  6. LIeber Oliver,
    am besten gefällt mir: „… wie stolz und zufrieden ich bin“ – allein dafür hat sich doch jeder Schritt gelont. Herrlich!
    Bei dir klingt das alles so einfach. Eine Strategie, dann erstmal 20 losrennen (ein bisschen gebremst) und dann auf den nächsten 20 km richtig losrennen (ungebremst) und dann alles weiter losrennen mit Turboantrieb 😯
    Ich finde die Strategie toll, man muss aber eben auch rennen können 😆
    Und das Wetter hat augenscheinlich nicht geschadet.
    Ganz herzlichen Glückwunsch. Und bewahre dir das Gefühl des Stolzes und der Zufriedenheit. Hast du dir ehrlich verdient.
    Liebe Grüße
    Helge

    • Vielen Dank Helge! Ich hatte weder mit sovielen Kilometer noch mit einem Treppchenplatz gerechnet, also so überhaupt gar nicht, nicht im Traum! Von daher bin ich wirklich einfach nur saustolz und völlig zufrieden mit diesem Rennen. Dass ich tatsächlich mal sowas wie eine Strategie habe, hätte ich auch nie gedacht, die leichte Handbremse hat sicherlich nach hinten aber eine Menge gebracht.
      Aber am besten unterstützend war (so vermute ich heute) das Regenwetter. Einfach die komplette Zeit über gut temperiert laufen können, richtig toll und ein Rieseneffekt auf die Ausdauer. Ich werde jetzt immer Regen bei Wettkämpfen bestellen 😉

  7. Wow – einfach nur wow! Da hast du die Strecke vom letzten Jahr ja erheblich getoppt! Und dann auch noch ein Treppchenplatz. Allerherzlichsten Glückwunsch! Du hast allen Grund, um stolz zu sein.

    • Vielen Dank Roni 🙂 Auf diesen Lauf werde ich wohl noch eine ganze Weile stolz sein, da ist einfach alles superglatt gelaufen, sowas tut mal richtig gut 🙂