Sobald eine bestimmte Temperaturschwelle überschritten wird, dann nehm ich Tempo raus, das gilt auch für Wettkämpfe. Dann ist es mir einfach mal egal ob ich vorne mitrenne, dann mache ich stattdessen aus der Strecke einen Genusslauf und übe Disziplin. Alles über 30°C zählt dazu.
Der diesjährige Monte Sophia Lauf vom TV Huchem-Stammeln trumpfte dann gleich mit 32°C auf, dazu ordentlich Wind und zu allem Überfluss noch Unsicherheit ob ich mir Covid eingefangen hatte. Hatte ich nicht, wie der Test später abends zeigte, aber bei Infekten und Laufbelastung bin ich generell sehr vorsichtig, egal was es ist.
Ich hatte mir letztes Jahr auf der noch 28km langen Strecke bereits meine Lorbeeren verdient, war also diesmal sehr gespannt auf die neue 25km Strecke durch teilweise neues Terrain. Das Höhenprofil wurde dadurch auch verändert und ließ gaaaanz falsche Trugschlüssen zu.
Anreise dieses mal allein, mein Support-Team (Frau und Hund) bleiben zuhause, weil Otto nach einer kleinen OP noch keine Hektik machen sollte. Keine Stunde Fahrt war nötig, ich hab sogar noch einen Premium Parkplatz im Schatten bekommen und mich gleich auf die Suche nach Elke und Chris gemacht. Elke steckt diszipliniert im Marathontraingsplan, der „kleine Berglauf“ passt da nicht rein, sie wird statt zu laufen Fotos machen und mit Chris gehts dann eine Stunde später auf die Strecke.
Ich möchte hier nochmal ein riesen Lob für diese kleine feine Veranstaltung aussprechen, von der Freundlichkeit und vorbildlichen Kommunikation, die Streckenmarkierung, die vielen (wegen der Hitze zusätzlichen) VPs, der entspannte Nachzielbereich, Duschen(!) und überhaupt alles passt hier. Allein deshalb komme ich gerne wieder, solche Läufe müssen unterstützt werden.
Neben dem 25km Hauptlauf gab es noch einen 10er (Montelino), einen 5er (Broisterd-Runde) sowie zwei Kurzstrecken für Kids, also für jeden was dabei, ein Läuferfest über den ganzen Tag.
Kurz vor 16 Uhr dann in der größten Hitze zur Startlinie, ich hatte vorab reichlich getrunken und meine kleine 250ml Flask dabei, alles weitere an Wasser wollte ich an den VPs reinschütten, hab ja Zeit heute.
Beim kurzen Briefing wurde darauf hingewiesen dass wir erstmalig ein Areal mit Wildpferden durchlaufen werden und bitte den Anweisungen der Streckenposten folgen möchten. Na klar, gerne, noch ein Grund mehr öfter mal die Kamera rauszuholen.
Dann runterzählen und los gings. Und ich, wie immer, Vollgas ohne Nachzudenken… die ersten 2km gehen in praller Sonne flach über Asphalt, nach 1km bin ich dann „aufgewacht“ und hab etwas Tempo rausgenommen, ab hier gings nach Plan. Bei km2 kurz vor der ersten Steigung bereits der erste VP, toll! Becher Wasser über den Kopf und weiter.
Zwischen km4 und 7 gehts dann ca. 130 Meter aufwärts, nicht so mühsam wie ich befürchtet hatte, aber oft in praller Sonne. Ich hatte plötzlich tatsächlich bock genau so ruhig weiterzulaufen und nicht durchzudrehen und auf Tempo zu rennen, also zum zweiten mal: Tempo raus. Wie gesagt, sich etwas vornehmen und dann zu tun, das klappt beim mir selten beim Laufen, heute dann aber immerhin „schon“ nach nur 7km 🙂
Zwischendurch immer wieder VPs mit mega aufmerksamen Helfern, ich hab fast überall dankend beim Wasser zugegriffen, trinken und einen Becher über den Kopf.
Die Lauftrecke hatte alles zu bieten, Waldautobahn, Singletrails, Schotter, losen Sand, sogar Geröll war dabei. Die Shamma Alpha waren die perfekte Wahl, ich hatte null Probleme (andere hatten auch mal Sand in den Schuhen).
Nach dem Steinkreis, den wir gleich zweimal durchlaufen, gings hoch zum Gehege der Wildpferde, „goldene Aue“ benannt, mit einer umwerfenden Aussicht! Ich hab da tatsächlich kurz angehalten und gestaunt, einfach toll, für sowas schwitze ich gerne. Die Aussicht, die Hitze, starker Wind, bereits leicht gewittriger Luft, ich kam mir kurz vor wie irgendwo im Hochland. Dabei war ich auf einer Halde mitten im Tagebaugebiet.
Ab hier gings kurz abwärts um dann in Richtung Römerturm zu rennen. Verfolgt von ein paar Pferdebremsen gings das zweite mal durch den Steinkreis mit VP, ich hab die Flask aufgefüllt und bin zufrieden weitergetrabt. Am Römerturm bei ca. km12,5 stand wieder der Zenturio um uns Weintrauben zu kredenzen, da hab ich zugegriffen und nochmal kurz genossen jetzt am höchsten Punkt zu sein.
Und nun gings die nächsten 6km runter, volles Brett, teilweise richtig steil, genau mein Ding, bis die Sohlen glühen. Es wurde schattiger, aber auch schwüler. Hier im Wald hing noch eine Menge Restfeuchte vom Regen am Vortag, trinken, trinken, trinken.
Unten angekommen galt es noch den „Haselmausweg“ zu bezwingen. Klingt leicht, entpuppte sich als eine Strecke mit vielen vielen Gehpassagen, teilweise richtig fies. Zitat der Webseite: „Eigentlich ist der Haselmausweg ein Naturlehrpfad für Kinder. Uns dient er als letzte Herausforderung, bevor es über den Kreuzweg zurück in Richtung Niederzier geht. Bei km 18,5 geht es auf 2 km noch einmal 70 m hoch mit teils steilen Anstiegen. Hier wird sich zeigen, wer sich den Lauf gut eingeteilt hat.“
Der letzte Satz sagt alles 🙂 Mich hat die Haselmaus richtig ausgepowert, ganz ehrlich, und ich war richtig froh dass ich bisher eher entspannt unterwegs war und keine Kraft verschwendet hatte. Fürs nächste Jahr gut merken! Selbst zwei ausgemachte Trailläufer haben hinterher gestanden dass das ein echt anstrengender Teil war.
Aber alles hat ein Ende, auch der Haselmauspfad, ehe man sich versieht gehts wieder stark runter und der letzte VP macht Freude, ich hab mir tatsächlich 2km vorm Ziel nochmal in aller Ruhe vier Becher Wasser reingekippt.
Danach galt es noch die zermürbende Asphaltstrecke zu bezwingen (inklusive kurzer Stopp zum Kühe streicheln) und dann geht alles ganz schnell, zwei Kurven, Zieleinlauf, Uhr gestoppt, Platz 25 in der Gesamtwertung, trinken!
Es war toll, wirklich richtig toll. 25km können auch in der rheinischen Ebene richtig anstrengend sein und ich war, nachdem ich erstmal auf der Bank saß, sehr sehr froh meinen Plan dann doch vernünftig durchgezogen zu haben.
Erstaunlich genug dass ich trotz meiner Bummelei noch auf dem dritten AK55-Platz gelandet bin, schnell duschen und wieder ein Treppchen kassieren.
Ich hab mich wieder richtig wohl gefühlt in Niederzier, es gab viele schöne Gespräche, ausgiebige Siegerehrungen aller Altersklassen und wenig Gründe zu schnell aufzubrechen. Es hat einfach was gemütliches, ein Rennen so spät am Tag zu durchzuführen.
Bevor das angekündigte Gewitter losbrechen konnte bin ich dann aber doch mal los, der Himmel wurde bereits bedrohlich dunkel.
Unterwegs auf der Autobahn gabs noch einen dystopischen Moment beim Durchqueren des Tagebaugebiets, der Wind wurde zum Sturm und die Autobahn satt in kohle-erdigen Staub gehüllt. 5km mit Tempo 50km/h … kaum auf Foto aufzufangen, vielleicht bekommt ihr eine Ahnung davon:
Danke an Elke für viele Fotos, danke an den TV Huchem-Stammeln für eine schöne Veranstaltung.
Hallo, Oliver, alles richtig gemacht, bei solchen Temperaturen sollte man sich in Acht nehmen, und das hast du getan !
Man sieht es dir an, wie warm – wie wohl unangenehm warm – es bei diesem hochgelobten Lauf war. Immer schön, wenn man an einem super und liebevoll gestalteten Lauf teilnehmen kann, auch wenn die Temperaturen nicht ganz dem Wunsch entsprachen ! Mitgefangen – mitgehangen !! Gut gemacht, durchgehalten – nur das zählt !
Kenne diese Art von Läufen auch, weiß genau, was es heißt, unter diesen Bedingungen laufend unterwegs zu sein ! Darum : Daumen gaaaaaaaaaaaanz hoch !
Erhole dich gut und auch gute Besserung für Otto und ein virtuelles Leckerli ( meine sind besonders gefragt, zumindest hier bei uns !! )
Vielen Dank 🙂 Wie schon letztes Jahr, war ich wieder sehr angetan von dieser Veranstaltung, da gings einfach nur ums gemeinsame Laufen, im überschaubaren Rahmen, so mag ich das. Die Hitze war echt heftig, umso beeindruckender die Zielzeiten der Sieger, aber ich kenne „meinen Platz“ unter solchen Bedingungen und bin dann sogar mal in der Lage das Richtige zu tun 😉
Vorteil: die Erholung geht sehr schnell, kaum Muskelkater und ich kann recht bald wieder auf die Strecke 🙂
Otto gehts übrigens schon wieder super, da ist alles richtig gut verlaufen, aber ein paar Tage Pause vom Rumtoben muss er noch machen, sicher ist sicher.
Lieber Oliver,
an dieser Stelle nochmals ganz herzliche Glückwünsche von uns! Das war echt eine harte Nummer gestern, diese Strecke bei solcher Temperatur! Wenigstens Kühlung durch Wind und einige Waldpassagen hattet ihr. Daher hat sich auch deine Strategie der Mäßigung bestens bewährt.
Du kennst nun schon mehr Sophienhöhe als ich, die neuen Bereiche wurde ja erst vor 1 oder 2 Jahren geöffnet. Ich muss da endlich auch mal hoch!
Gute Erholung, auch für Otto, und liebe Grüße
Elke
Vielen Dank Elke, war sehr schön euch wiederzusehen und Chris als Mitstreiter zu haben, aber nächstes Jahr musst du wieder mitlaufen, es lohnt sich! „Die goldene Aue“ müsste man eigentlich sogar gemütlich durchwandern statt zu laufen, einfach toll da oben. Hab übrigens eben noch ein Video in den Beitrag gebastelt 😉
Ich bin immer noch froh dass ich alles etwas ruhiger angegangen bin, hab mal mehr von der Strecke gehabt und bin heute nicht so k.o.
Gute Erholung für Chris und weiterhin erfolgreiches Marathon trainieren!
Schönes Video! Ich hörte zur Musik von der Seite „Ach ja, da…. und das da, und den Turm habe ich gar nicht wahrgenommen…“ 😉
Lieber Oliver,
oha, da komme ich ja sogar nur beim Lesen schon ins Schwitzen! Schön, dass deine Taktik bei diesen Temperaturen „gemächlicher“ zu laufen, so gut aufgegangen ist.
Sehr gut gefällt mir ja der Haselmausweg – dass etwas, was so harmlos klingt, so kräftezehrend sein kann!
Gratuliere zu dem tollen Ergebnis. 🙂
Vielen Dank Doris 🙂 Jaja, die Haselmaus hat uns allen einiges abverlangt, bei diesem Teilstück waren die regionalen Läufer ganz klar im Vorteil, die wussten was da kommt. Ich hab den Teil aber einfach mit ruhigem Tempo genossen statt zu kämpfen, der Pfad selbst ist tatsächlich echt schön, ein schmaler Singletrail.
Nach dem Rennen ist die Temperatur übrigens direkt runtergegangen, wir sind echt in den zwei heissesten Stunden des Tages gerannt 🙂
Hallo lieber Oliver,
eine schöne Zusammenfassung des Laufes und sehr interessante Perspektiven, die Du auch sonst auf deiner kleinen Plattform zum Laufen „veröffentlichst“. Ich kann dich nur motivieren, damit weiter zumachen – sehr gelungen!
Das Meistern deiner Strecken mit den „Schlappen“ ist einfach beeindruckend – Hut ab!
Ich war bei der Siegerehrung nicht schon duschen, sondern musste leider gleich weiterziehen – zusätzlich war mir nicht klar, dass es noch eine Siegerehrung der Altersklassen gab. Vielleicht sollte ich mir vorher auch mal die Ausschreibung durchlesen, denn das mit der neuen Strecke und die Verkürzung waren mir vorher auch nicht klar – da hattest Du mich vor dem Start noch drauf aufmerksam gemacht.
Wie dem auch sei, dann bin ich nächstes Jahr hoffentlich besser vorbereitet, habe ein wenig mehr Zeit und man sieht sich!
Liebe Grüße und gute Erholung – gute Besserung für Otto!
Michael
Hey Michael, freue mich sehr dich hier zu lesen! Vielen Dank für die vielen „Blumen“ 🙂 Meine kleine Plattform war tatsächlich mal nur so ein kleines „Lauf-Notizbuch“, einfach nur für mich. Irgendwie hat es sich weiterentwickelt und mittlerweile sogar eine recht große Reichweite. Aber ich mach damit genau so weiter wie bisher, genau so macht es Spaß.
Eine Siegerehrung der AK ist ja eigentlich nicht nötig, ich finds aber toll, macht die eh schon schöne Veranstaltung noch sympathischer. Dass du der Erste unserer AK warst, hatte ich nicht auf dem Schirm, also nächstes mal dabei bleiben, damit das Treppchen voll wird 😉
Ich bin auf jeden Fall nächstes Jahr wieder dabei, und dann kommt Otto auch wieder mit.
Danke und liebe Grüße!
Super gemacht, lieber Oliver! Bummeln, Fotografieren, Kühe streicheln und dann trotzdem den 2. AK Platz! Gratuliere ganz herzlich!!
Und jetzt wissen wir auch, wo dein Kollege vom 1. AK Platz war 🙂
Einen Lauf im Sommer auf 16.00h anzusetzen ist mutig. Wir haben das gleiche Problem hier in Zürich: viele Laufveranstaltungen fangen erst nachmittags an. Das kann für die Läufer zur Härteprobe werden.
ABER: es ist eine gute Gelegenheit, sich etwas „abzuhärten“ und zu testen, was möglich ist. Und das ist dir sehr gut gelungen.
Übrigens: ich hätte nie gedacht, dass es in der rheinischen Ebene so tolle Ecken gibt! Sogar Wildpferde!
Nächstes Jahr wirst du den Haselmausweg hochfliegen, da bin ich sicher!
Liebe Grüsse aus dem abendlichen Zürich!
Vielen Dank Catrina, aaaaber: es war nur der 3. Platz in der AK 😉 Ich mag das tatsächlich, diese späteren Starts, ist ein schöner Tagesausklang. Es war diesmal nur einfach 5 Grad zu warm, aber August ist August und es liegt ja an jedem selbst wie so ein Lauf dann angegangen wird. Für mich war es die Härteprobe einfach mal langsamer zu laufen 😉
Die Sophia ist schon speziell, ein gigantischer aufgeschütteter Hügel der Stück für Stück renaturiert wird, mitten im platten Land. Die neu geöffnete „Goldene Aue“ mit den Pferden hat mich einen Moment sprachlos gemacht, musste kurz stoppen und die Kamera schweifen lassen, einfach toll!
Genau, nächstes Jahr scheuche ich die Haselmaus aus dem Unterholz, wäre ja gelacht 😉
Ah ja stimmt, „nur“ der 3. AK Platz!
Und jetzt, wo ich die Ergebnisse anschaue, sehe ich, dass du auch in der M50 den 3. Platz hättest und bei den M40 sogar den 1. AK Platz. Stell dir vor, du hättest nicht gebummelt!
PS: Der Verein vom Norbert Blommen gefällt mir!
Ich stell mir grade vor, ich wäre noch 40! 😀
Nee, bin völlig zufrieden damit dass ich trotz Bummelei den 25. Platz gemacht hab 😉
Lieber Oliver,
sehr schöner Lauf und tolles Ergebnis für dich, trotz deiner BUMMELEI! … von wegen, für andere ist dein Tempo fast schon das eines Hochgeschwindigkeitszuges, 😆 muss man doch Steigungen und die Hitze einrechnen! Aber bei solch einer Bummelei durftest du ja damit rechnen, dass du keinen Muskelkater bekommst. … und bergab rennen haste ja drauf!
Danke für die Bilder, wenn du (vielleicht) auch von Elke profitiert hast, und den schönen Bericht, durch den man es sich gut vorstellen kann, was und wie es da abgeht! 😉
So kleine Tiere (Haselmaus) sind halt fit und flott unterwegs! 🙂
In diesem Sinne immer weiter laufen!
Liebe Grüße Manfred
Vielen Dank Manfred 🙂 An dem Tag war ich allerdings eher die Regionalbahn, da gabs andere, sehr schnelle ICEs. Aber das macht ja nix, so hab ich wenigstens mal mehr sehen können und vor allem die Goldene Aue bewundern können. Es hat sich einfach gelohnt und wer hier aus der Region kommt, sollte dort unbedingt mal mitlaufen.
Die Haselmaus werde ich nächstes Jahr anders angehen, da müssen ein paar Körner gespart werden 😉