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Himmelgeister Brückenlauf 2023 – Sonne und Schatten

Nach drei Jahren Pause startete dieses Wochenende endlich wieder der schöne Himmelgeister-Brückenlauf, ein Halbmarathon über zwei Rheinbrücken im Süden Düsseldorfs. Für mich seit einigen Jahren ein „Pflichtprogramm“, ich mag diesen kleinen sympathischen Lauf wirklich sehr gerne.

Wie schon so oft zu diesem Termin, drohte es mal wieder sehr warm zu werden. Erfahrene Himmelgeistläufer wissen dass man auf dieser Strecke durchaus Bestzeiten laufen kann, aber sowas bei höheren Temperaturen vielleicht besser lässt. Zumal diesmal der sonst übliche starke Wind fast völlig fehlte.
Ich hatte mir aufgrund fehlender Tempoläufe nichts besonderes vorgenommen, durchschnittlich eine 4:25er Pace sollte mir reichen, für irgendwas zwischen 1:30h und 1:35h Zielzeit.

Zu meiner Freude hatten sich Elke und Chris auch noch auf den letzten Drücker angemeldet und so immerhin (als Kölner in Düsseldorf!) die diesmal eher geringe Teilnahme ein wenig kompensiert. Normalerweise lungern hier ca. 800 Starter auf der Straße herum und warten dass der 8-Uhr Linienbus noch durchfährt, wie üblich begleitet von einer ordentlichen La-Ola-Welle 🙂
Viele Nicht-Starter waren sicherlich noch auf der verschobenen 2020er-Starterlist eingetragen (ich auch), die immer noch gültig war und einige haben vermutlich einfach drauf verzichtet bei dem Wetter in der Sonne rumzurennen. So sind wir am Ende überschaubare 346 Starter. Und es gab einige DNFs.

Das kurze Briefing bestand aus Mikrofonaussetzern und nur einigen mäßig verständlichen Satzfetzen, aber was soll man hier auch briefen, eigentlich nur ob es bei dem einen Linienbus bleibt, oder ob der Kollege aus der Gegenrichtung auch noch durch muss. Musste er nicht, also endlich der Startschuss kurz nach 8 Uhr und los gings.

Wie üblich bei meinen Himmelgeistläufen, startete ich recht weit hinten im Feld, es macht mir einfach viel zu viel Spaß dann alles aufzurollen und mit qualmenden Sandalen viele Läufer zu passieren. Schon auf den ersten Kilometern bemerkte ich dass alles so richtig gut ist, mein Pace-Plan sehr gut funktionieren wird und schlagartig auftauchende Ambitionen vielleicht doch viel schneller zu rennen von mir sehr gut ignoriert wurden.
An VPs mangelte es mal wieder nicht, für die Distanz immerhin acht Stationen. Von denen ich diesmal aber nur zwei genutzt hab, für jeweils eine kleine Erfrischung über den Kopf. Klugerweise hatte ich eine kleine Flask dabei, kleine Schlückchen unterwegs sind einfacher bei dem Tempo als mit einem Becher am VP vorbeirenennend rumzuhantieren.

Die Passagen über die Brücken zeigen die „sonnige Seite“ dieser Veranstaltung, vor allem weil die Fleher Brücke sich mit über 1,5 Kilometer auch echt zieht. Ansonsten gibt es viele schattige Wege, ob durch die grüne Natur oder durch Wohngebiet. Ich laufe locker und zufrieden die mir sehr gut bekannten Wege ab, passiere gekonnt die wenigen „tricky“ Stellen, beginne ab km13 etwas zu beschleunigen und zunehmend schwächelnde Läufer zu überholen.
Nach 16,5km geht die Strecke unter der Fleher Brücke entlang und wir laufen die letzten 5km wieder auf bekannten Wegen zurück. Endspurt.

Klatschnass dank vieler Streckenduschen. (Foto von Ddorf-aktuell, danke!)

Je näher es wieder nach Himmelgeist geht, desto mehr erfrischende Gartenschlauch-Duschen werden von den Anwohnern angeboten, auch das ist eine schöne Tradition hier, das ganze Dorf macht mit. Die letzten Kilometer verfliegen schnell, plötzlich geht es stark aufs Ziel zu. Bei km20,3 wird es für Neulinge allerdings nochmal sehr demotivierend, statt voller Freude rechts in die Zielgerade einzubiegen, gehts nochmal nach links, einige hundert Meter durchs Wohngebiet.
Also ab durch ein weiteres Meer an Duschen und nochmal fix die Siedlung durchrennen.
Plötzlich, nur 400 Meter vorm Ziel, bemerke ich einen Läufer der an einer schattigen Stelle ausgestreckt an der Straße liegt. Mein erster Gedanke, der kühlt sich nur kurz ab, trotzdem stoppe ich und frage ob alles ok sei. Zu meinem Schreck bemerkte ich dass da überhaupt nichts mehr ok war. Er war definitiv kollabiert, und zwar richtig schlimm, fast keinen Puls, total flache Atmung mit Aussetzern, blau-blasses Gesicht, absolut keine Reaktion auf meine Ansprache. Nachdem ich sehr laut mehrfach um Hilfe gerufen hatte, stoppten auch andere Läufer und Anwohner eilten zur Unterstützung. Wir haben alles versucht um ihn zumindest zu stabilisieren, das war eine kritische Situation.
Ich kürze das jetzt mal ab, nach 4-5 Minuten (einer gefühlten Ewigkeit) kam der Krankenwagen, ich hab den Schauplatz dann verlassen und bin Richtung Ziel getrottet, um das Rennen irgendwie abzuschließen und vor allem um dort nochmal zu informieren was ein paar hundert Meter weiter passiert ist.

Meinen verspäteten Zieleinlauf konnte ich nicht wirklich geniessen, das alles spielte in dem Moment keine Rolle, mein Kopf war noch woanders.
Im Nachzielbereich war vor allem erstmal viel trinken angesagt, dieses Wetter dörrt einen wirklich aus. Danach auf Chris und Elke warten, die sich wacker bei ihrer Himmelgeist-Premiere geschlagen hatten und mit ihren Läufen sichtlich zufrieden waren.
Natürlich durfte ich noch die eine oder andere Sandalenfrage beantworten, hab mich dann aber recht bald etwas erfrischt und ausgeruht mit vielen Gedanken im Kopf auf den Heimweg gemacht.

Mein Lauf auf runalyze

Die Lokalpresse berichtet hier: ddorf-aktuell.de

// Ein sehr trauriger Nachtrag (11.06.): Der Läufer ist leider verstorben. Mein tiefstes Mitgefühl gilt der Familie und den Freunden.

 

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Kommentar

19 Kommentare

  1. Lieber Oliver,
    der nächste Himmelsgeister Bericht – wie schön!
    Auch dir Gratulation zum AK-Treppchenplatz und dem gut dosiert gelaufenen HM! 😀 Wie schon bei Elke geschrieben, klingt diese Laufveranstaltung herrlich unkompliziert, sympathisch und mit viel Herzblut organisiert. Schade, dass sie weniger Starter, als gewohnt hatten.
    Deine spontane Hilfe kurz vor dem Ziel war ja Gold wert. Wie gut, dass du gleich aktiv geworden bist und Hilfe organisiert hast. Dass dein Zieleinlauf dann nicht mehr so unbeschwert war, ist auch klar, aber zumindest hast du den Lauf mit dem Wissen beendet, dass der Läufer professionelle Hilfe bekommen hat. 🙂

  2. Glückwunsch zum Finish – und das bei den krassen Temperaturen.

    Leider ist der Läufer verstorben, habe ich gerade auf der Website vom Brückenlauf gelesen 🙁

  3. Oh nein! Dieser Nachtrag ist sehr traurig.
    Umso besser, dass du das Richtige getan hast: anhalten und helfen. Danke dir dafür, lieber Oliver!
    Für dich muss der Zieleinlauf sehr surreal gewesen sein.

    Ich wundere mich, dass niemand von den Zuschauern den zusammenbrechenden Läufer gesehen hat und ihm zu Hilfe geeilt ist. Ist an diesem Teil der Strecke gerade niemand gestanden?

    Und zum Lauf selbst: wunderbar wie immer! Du hättest bestimmt den 1. AK-Platz gemacht. Aber dafür hast du den 1. Preis in Menschlichkeit.

    Liebe Grüsse aus dem kühlen Cape Town!

    • Danke Catrina, der Zieleinlauf war wirklich surreal, mir ging es ja überhaupt nicht mehr darum schnell anzukommen. Ich wundere mich immer noch weshalb so viele einfach vorbei gelaufen sind und vor allem wieso die Anwohner nichts bemerkt haben. Ok, das ist diese letzte Schlaufe durch die Siedlung, da steht fast niemand am Rand, aber in den Fenstern hab ich einige wahrgenommen. Vermuten kann man jetzt viel, aber es hilft ihm nicht mehr.
      Auch wenn ich einen super soliden Lauf hingelegt hab, es bleibt ein sehr trauriger Tag.

  4. Puh, heftig. Ich hatte gerade vor zwei Wochen meinen Ersthelfer-Lehrgang aufgefrischt. Da hofft man immer, dass man das Gelernte nie brauchen wird. Aber so schnell kann es gehen. Da tritt die Veranstaltung natürlich völlig in den Hintergrund.

    • Ja, man hofft immer das gelernte nicht brauchen zu müssen. Und wenn es dann mal abgerufen werden muss, dann hadert man damit ob das jetzt alles richtig ist was man da grade tut. Und hinterher noch mehr. Ich war ja mal Zivi, hab da immerhin gelernt und verinnerlicht, dass Hilfe immer richtig ist. Aber dieser Tag wird noch einige Zeit an mir knabbern.

  5. Lieber Oliver,
    danke nochmals für den Tipp! Es war schön, dort gemeinsam am Start zu stehen. Und danke auch für dein Briefing, sonst hätte mich die Extra-Schleife ganz kurz vor dem Ziel arg aus dem Konzept gebracht!
    Eine sympathische Veranstaltung, Düsseldorf hat auch seine schönen Seiten.
    Glückwunsch zu deiner prima Zeit.
    Und Danke, dass du dem Läufer zur Seite gestanden hast, wo manch anderer vorbeilief. Es ist sehr tragisch, dass man ihn nicht hat retten können. Die Zeit, die du dadurch verloren hast, darfst du dir doppelt und dreifach auf einem anderen Konto gutschreiben. Was für eine Tragik…
    Erhol dich gut, liebe Grüße
    Elke

    • Danke Elke, trotz des tragischen Ereignisses freu ich mich dass ich euch zu dieser kleinen sympathischen Veranstaltung ziehen konnte. Die Strecke hat ja kaum Tücken, aber ich erinnere mich noch sehr gut an mein Debut und den demotivierenden Moment des Begreifens dass ja noch ein paar hundert Meter diese verdammte Schleife gelaufen werden muss. Erholt euch ebenfalls gut, super solide seid ihr gelaufen! Mit dem Treffpunkt nach dem Rennen, da müssen wir wohl alle nochmal dran arbeiten, vielleicht nächstes Jahr 😉

  6. Lieber Oliver,
    erstmal herzlichen Glückwunsch zum Hitze Finish. Ich war heute auch länger laufen ( nur so für mich ) und dachte mir die ganze Zeit, was für eine bescheurte Idee bei 30 Grad…Aber mit Pausen und einem echt coolen CoolingsTowel, viel Trinken und langsamer Pace . Als cih dein Ende gelesen habe ( Elke hatte mir schon berichtet ) kamen sofort die Einnerungen an meine Reanimationsversuche bei einem Radfahrer, der frontal mit einem Motorrad kollodiert war, in den Kopf. Gefühlt hat es eine halbe Stunde gedauert, bis der Rettungsdienst da war. Leider auch vergebens. Das hat bei mir noch lange nachgehangen. Aber du bist nicht vorbeigelaufen und hast versucht zu helfen. Wahrscheinlich im Gegensatz zu vielen Anderen.
    Liebe Grüße
    Karina

    • Danke Karina, bei dem Wetter sollte man einfach keine Hektik machen und vor allem ausreichend und regelmäßig trinken, dann klappt das schon mit der Lauferei. So bin ich da ja auch rangegangen und hab mir von vornherein keine wirkliche Zielzeit gesetzt, ich hab mich einfach gefreut dass dieser schöne Lauf in der „Nachbarschaft“ wieder stattfindet.
      Zu dem Zeitpunkt als ich gestoppt hab um zu helfen war es allerdings noch gar nicht so sehr heiß, da müssen noch andere Faktoren im Spiel gewesen sein. Diese paar ewige Minuten helfen, um Hilfe rufen und warten, das wird mir ebenfalls noch eine Weile nachhängen, einfach tragisch und traurig. Und das alles ausgerechnet bei so einer kleinen, liebevoll ausgerichteten Veranstaltung. Manches kann man einfach nicht steuern.

  7. Was für ein Schock !! So traurig, dass immer wieder Läufer ihr Leben auf der Strecke lassen müssen schlimme Nachricht !!!

    Hitzeläufe gehören nicht gerade zu den Lieblingen der meisten Läufer, und wenn man sich dann doch aufrafft, sich dem klimatischen Bedingungen anpasst, viel trinkt, dann kommt man wie du happy im Ziel an. Alles schon am eigenen Leib erlebt.

    Danke, dass du dich um den am Boden liegenden Läufer gekümmert hast, da tritt die eigene Leistung plötzlich in den Hintergrund ! Gut gemacht, Oliver, wie immer !

    • Vielen Dank Margitta, sowas kommt zum Glück selten, aber trotzdem leider immer mal vor. Schlimm genug darüber zu lesen, wenn man dann plötzlich direkt involviert ist, trifft es noch härter. Einfach tragisch und traurig. Es war zwar echt warm, aber als Hitzelauf würde ich das noch nicht bezeichnen, man kann hinterher nur Vermutungen anstellen, aber die helfen nichts mehr. Wir alle können nur unsere Lehren daraus ziehen, rechtzeitig auf den Körper hören, regelmäßig vom Arzt abchecken lassen, den Ehrgeiz bei unpassender Witterung einfach mal zurückschrauben.
      Und vor allem (hab ich ja auf meinem anderen Kanal schon geschrieben): Wir laufen doch alle zum Spaß, niemand gewinnt 1 Mio € wenn er zwei Minuten schneller im Ziel ist. Und wir laufen gemeinsam, also hilft man sich doch auch. Und zwar sofort wenn eine Notlage ersichtlich ist.

  8. Lieber Oliver,
    das ist echt so mega traurig, ich verstehe, das du auch vorher, also bevor du die Nachricht vom Tod des Läufers hattest, irgendwie nicht mehr bei der Sache warst. So ein Zieleinlauf gerät eben dann aus dem Fokus. Ich finde es wirklich beachtenswert, dass du nicht einfach weitergelaufen bist. Auch wenn das Endergebnis so traurig ist, du hast versucht zu helfen.
    Das ist gut und wichtig! Und vor allem richtig.
    Das du trotz allem eine super Zeit gelaufen bist, möchte ich auch nochmal bemerken, auch wenn es für dich wahrscheinlich gerade so gar keine Rolle spielt.
    Fühl dich gedrückt
    Liebe Grüße
    Helge

    • Vielen Dank Helge, das alles ist einfach verdammt traurig und tragisch. Um irgendeine Zielzeit ging es mir überhaupt nicht mehr, kann mich auch kaum erinnern dass ich über die Matte gelaufen bin, hatte halt plötzlich eine Medaille um den Hals und hab darauf hin auch erst meine Uhr gestoppt und jemand gesucht den ich informieren kann. Der Kopf war noch komplett woanders.
      Ich versteh immer noch nicht so richtig weshalb man da einfach vorbei laufen kann, oder auch weshalb die Anwohner nicht reagiert haben. Niemand legt sich mal eben so kurz vor dem Ziel noch auf den Boden um auszuruhen. Aber es ist wie es ist, vielleicht zu viel „Läufertunnel“ bei den anderen und evtl war es auch eine schlecht einsehbare Stelle für die Zuschauer. Zu ändern ist da nichts mehr, wir können daraus nur unsere Lehren ziehen.

  9. Oh – das ist so tragisch. Vor allem weil es kein gutes Ende genommen hat. Gut dass du gestoppt bist und Hilfe rufen konntest. Ich hoffe er lag nicht lange dort allein. 4-5 Minuten fühlen sich bestimmt lang an, ist aber eigentlich doch eine sehr gute Zeit für einen Rettungswagen.
    Der Rest der Veranstaltung klingt sehr liebenswert und dein Lauf klappte ja auch ganz wunderbar. Die Endzeit interessant dann ja nicht wirklich mehr.
    Liebe Grüße!

    • Danke Roni. Das alles ist wirklich traurig und tragisch, ausgerechnet auf so einer kleinen und fast familiären Veranstaltung passiert so ein tragischer Todesfall. Der Läufer war übrigens erst 32 Jahre und ein Top-Athlet. Wie lange er dort lag bevor er mir aufgefallen ist, weiß ich nicht genau, aber nach seinen Durchlaufzeiten könnten es zwischen 2-4 Minuten gewesen sein. Der Rettungswagen stand gleich um die Ecke, leider war es eine etwas schlecht überschaubare Ecke, vielleicht hätte alles schneller gehen könne. Aber eben nur „vielleicht“ und „hätte“, hinterher gehen einem so viele Gedanken durch den Kopf, aber zu ändern ist nichts mehr.